Ein kaiserlich gekrönter Dichter

„Poeta Caesareus Coronatus” – Kaiser Rudolf persönlich hatte den 1562 in Hersfeld geborenen Hermann Kirchner auf dem Reichstag zu Regensburg 1594 zum „poeta laureatus“ ernannt, nachdem ihm Kirchner einige Anagramme und lateinische Gedichte hatte vortragen dürfen. Der damals 32jährige stand in Diensten des hessischen Landgrafen Moritz, mit dem er zeitgleich ab 1587 an der Universität in Marburg studiert hatte und der ihn wohl auf Grund der kaiserlichen Gunstbezeigung noch 1594 zum Außerordentlichen Professor für Geschichte und Poetik in Marburg ernannte.

Eine zweistellige Zahl Bücher und andere gedruckte Arbeiten von ihm haben sich erhalten, nicht nur poetische Werke, sondern auch Arbeiten im Bereich der Politischen Wissenschaften und des Öffentlichen Rechts, denn Kirchner hatte 1599 zum Doktor beider Rechte promoviert – ein seinerzeit nicht nur lokal bekannter und berühmter Mann.

Im Jahr 1605 tritt der immerhin schon 43jährige vor den Traualtar und heiratet. An dieser Stelle beginnt nun die Verbindung Kirchners mit dem zeitgenössisch so genannten Schloss Burgbreitungen, die bis zu seinem Tode nicht mehr abreißen wird, denn seine Braut Sophia stammt aus Burgbreitungen, und die Eltern seiner Braut sind auf Schloss Burgbreitungen angestellt. Diese Eltern, der aus Ilmenau stammende Wolfgang Lauterbach und die aus Minden stammende Margareta, geb. Grisenteich, stehen seit mehr als 20 Jahren in Diensten der Sophia von Henneberg auf Schloss Burgbreitungen und haben ihren beiden Kindern, einem Sohn und einer Tochter, die auf Burgbreitungen wohl bekannten Vornamen Boppo und Sophia gegeben. Die Hochzeit von Hermann Kirchner mit Sophia Lauterbach findet am 26. August 1605 auf dem landgräflichen Schloss in Marburg statt, im Beisein des hessischen Landgrafen Moritz und im Beisein der Breitunger Schlossherrin Sophia von Henneberg. Die fürstlichen Herrschaften richten ganz offensichtlich die Hochzeit ihrer Schützlinge aus.

Die Ehe von Hermann Kirchner und Sophia Lauterbach bleibt kinderlos, und am 15. Mai 1614 zieht Kirchner ein letztes Mal um – Schloss Burgbreitungen wird sein Alterswohnsitz. Zu dieser Zeit leidet er unter „Hauptblödigkeit“, wie es in seiner Leichenpredigt steht, andere Nachrichten des 17. Jahrhundert sprechen von Melancholie, die Kirchner befallen habe. Dennoch wird er in den folgenden Jahren weiter studieren und schreiben.

Seine eigene Bibliothek steht wohl bereits vor 1614 im Schloss Burgbreitungen, denn sein 1613 in Marburg erschienenes Werk „Morvillerius ...“ lässt im Vorwort keinen Zweifel daran, dass dieses Werk im Schloss Burgbreitungen entstanden ist. In den Jahren 1612/1613 wütet in Marburg die Pest. Kirchner flieht wie viele andere Menschen vor der Pest, findet in Burgbreitungen Aufnahme bei seinem Schwiegervater Wolfgang Lauterbach, dem Hausvogt der Sophia von Henneberg, und kann hier seinen „Morvillerius ...“ vollenden.

Die 20 Jahre ältere Sophia von Henneberg ist Hermann Kirchner bis zu seinem Tod in Gnaden gewogen, ist Gastgeberin für Schriftsteller und andere gelehrte Besucher des berühmten Kranken, und sitzt an seinem Sterbebett, als er vor 400 Jahren am 26. März 1620 im Schloss für immer die Augen schließt. Drei Tage später schließt sich in der damals Schlosskirche genannten Basilika die Erde über dem kaiserlich gekrönten Dichter. Nur 20 Jahre nach seinem Tod brechen 1640 über Burgbreitungen die Schrecken des 30jährigen Krieges herein, und sein Epitaph wird zerstört. Gedruckt erhalten hat sich aber die Inschrift des Epitaphs, und so ist zumindest die Möglichkeit gegeben, dass irgendwann eine schlichte Tafel mit seiner Grabinschrift in der Basilika von Breitungen an Hermann Kirchner erinnert.