Mein Weg zu den Sternen

 

Mein Weg zu den Sternen begann als 15jähriger im Jahr 1979. Zwar hatte ich 1976 kurz vor den Maiferien auf dem Schulhof wie alle anderen Schüler auch um die Mittagszeit die halb verfinsterte Sonne gesehen, aber erst der Kauf eines Zeiss-Fernglases 8x30 von meinem eigenen Geld sowie ein Taschenrechner „Casio College fx-80 Scientific Calculator“ öffneten mit ihren technischen Möglichkeiten eine ganz neue Sicht auf den gestirnen Himmel. Den Rechner hatte mir mein Bruder Andreas Anfang 1980 aus Las Palmas mitgebracht. Sein Schiff der DDR-Fischfangflotte fischte dort über Monate, und beim Ausfliegen eben über Las Palmas bot sich für ihn die Gelegenheit zum Kauf. Das Besondere an diesem Rechner: er kann Dezimalzahlen in Stunden, Minuten und Sekunden umrechnen, verfügt über Winkelfunktionen und Klammerrechnung und steht in seiner Leistung wohl kaum den Rechnern nach, die heute, über 40 Jahre später, an Schulen Verwendung finden. Damals zu DDR-Zeiten ein absolutes Unikat, dessen Benutzung zumindest im Unterricht verboten war, weil es mit seiner Leistung die Mitschüler, die eben kein solches Unikat benutzen durften, real benachteiligt hätte. Der Rechner funktioniert heute noch und befindet sich nach wie vor in meinem Besitz.

Anlass zum Beobachten gab es ab Beginn der 10. Klasse im September 1979, wo das Fach Astronomie erstmals auf dem Stundenplan stand. Das damalige Lehrbuch, mein 7 Jahre älterer Bruder hatte es bereits benutzt, steht heute noch bei mir im Bücherregal. Aber es gab noch einen weiteren Grund für den Blick in die Sterne: den Freitod meiner Mutter wenige Wochen zuvor Ende Juli 1979. Zu den leider viel zu wenigen schönen Erinnerungen an sie gehört das Lied „Der Mond ist aufgegangen“, das sie mir als Kind oft vorsang und das bis heute zu meinen Lieblingsliedern gehört. Auch ohne Mond stand ich dann in den vielen kalten und klaren Spätherbstnächten des Jahres 1979 (und auch später noch) gemeinsam mit meinem (leider viel zu früh im September 2021 verstorbenen) Schulfreund Thomas auf einem freien Feld in Sichtweite meines damaligen Wohnhauses und blickte mit meinem Fernglas in die Ferne der Sterne. Der „Große Wagen“ steht in dieser Jahreszeit am Abend tief im Norden, und genau dort zogen Abend für Abend blinkende Objekte in größerer Zahl auf ihrer Bahn an uns vorüber. Erst Jahre später wurde mir klar, dass es sich um die Positionslichter der Flugzeuge im internationalen Luftraum über der Ostsee gehandelt hatte, die natürlich jeden Abend ihrem Flugplan folgten. „Blinksatelliten“ haben wir sie damals genannt, dieses „Geheimnis“ aber zum Glück für uns behalten ...

Nun war es bei unserer Astronomielehrerin Frau L. wie bei vielen anderen Lehrern für dieses Schulfach: eigentlich in ihren Hauptfächern Mathematik und Physik zu Hause, konnte sie uns Schülern die theoretischen Grundlagen der Astronomie zwar richtig gut vermitteln, aber wo wann welcher Planet konkret am Himmel zu sehen war, das wusste sie nicht, denn dafür hatte sie selbst keine Ausbildung erhalten. Das stand auch nicht im Schulbuch, und astronomische Jahrbücher waren zu DDR-Zeiten nicht in jeder Buchhandlung erhältlich.

Ich weiß das deshalb so genau, weil ich sie irgendwann im Winter 1979/1980 fragte, ob es einen Beobachtungsabend mit einem richtigen Fernrohr geben könnte. Ein auch heute noch richtig gutes Fernrohr – der sogenannte „Telementor“ von Zeiss – wartete zu dieser Zeit in jeder Schule der DDR auf seinen Einsatz, aber es gab kaum Lehrer, die sich am gestirnen Himmel auskannten. Frau L. besaß immerhin zwei „Kalender für Sternfreunde“ von Paul Ahnert aus den Jahren 1967 und 1968, und sie lud mich in ihre Wohnung ein und fragte mich dort, ob ich mir zutrauen würde, ohne weitere Hilfe aus den darin enthaltenen zwölf Jahre alten Koordinaten der Planeten deren ungefähre aktuelle Position zu ermitteln. Eine reizvolle Aufgabe für den „Professor“ – so nannten mich damals meine Mitschüler mit Blick auf meine mathematische Veranlagung, und zu verlieren gab es nichts. Das Schulheft mit meinen Berechnungen, die ich anfangs ohne technische Hilfsmittel und dann final mit dem Casio-Rechner vornahm, gibt es heute noch. Von den Berechnungen hing am Ende nichts weniger als der Beobachtungsabend ab, denn ohne konkretes Ziel mit einem Fernrohr einfach so in die Sterne schauen – das macht auch aus meiner heutigen Sicht wenig bis gar keinen Sinn.

Die Abweichungen der Berechnungen zum realen Standort der Planeten betrugen dann, bezogen auf den astronomischen 24-Stunden-Kreis, um die 1%, noch klein genug, um im März 1980 die Planeten Mars und Jupiter real beobachten zu können. So wurde meine erste Führung daraus, für meine Mitschüler und meine Lehrerin Frau L. im März 1980 am gestirnen Frühlingshimmel mit Mars und Jupiter im Sternbild Löwe. Wir sahen die Jupitermonde, das Planetenscheibchen, die Streifen der Atmosphäre. Erst viel später las ich, dass wir beide Planeten im Verlauf einer dreifachen Konjunktion beobachtet hatten, die es so erst 2028 wieder geben wird. Frau L. lebt heute nicht mehr, und als wir uns zuletzt im Jahr 2010 bei einem Klassentreffen nach 30 Jahren wiedersahen, fiel ihr mein Name nicht gleich ein, aber „Astronomie“ wusste sie sofort, denn an diesem Frühlingsabend 1980 fand auch ihre erste Begegnung mit den Planeten statt.

Zum Auffinden des Saturn, der im März 1980 ebenfalls zu sehen war, reichten meine damaligen Kenntnisse der Sternbilder nicht aus. Heute sehe ich aus dem Stand, ob da ein „heller Stern“ zuviel am Himmel steht, aber 1980 musste der Ringplanet leider außen vor bleiben, obwohl ich gerade seine Position fast genau berechnet hatte. Saturn jedoch ist auch in Erdnähe „nur“ so hell wie die hellsten Sterne am Himmel, und davon gibt es doch einige ... Zwei Jahre später war bei der dreifachen Konjunktion zwischen Jupiter und Saturn diese Wissenslücke zwar geschlossen, aber es sollte noch mehr als ein Jahrzehnt dauern, bis ich bei einem erneuten Blick durch ein Fernrohr erstmals die Ringe des Saturn sah. So ist das häufig in der Astronomie: verpasste Gelegenheiten kehren manchmal niemals wieder oder lassen sich oft erst Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte später wieder erleben – von anderen Menschen anderer Generationen.

Meine bisherigen astronomischen Erlebnisse – alle von Deutschland aus – habe ich nachstehend zusammengefasst. Ich habe sie ausnahmslos alle selbst beim Blick gen Himmel gesehen, einige wenige auch fotografiert.

1976, 29. April: partielle Sonnenfinsternis vom Schulhof aus gesehen

1980, Frühjahr: dreifache Konjunktion zwischen Mars und Jupiter

1981/82, Winter: dreifache Konjunktion zwischen Jupiter und Saturn

1982, 9. Januar: totale Mondfinsternis (die erste von vielen)

1984, 30. Mai: partielle Sonnenfinsternis

1986, Mitte März: Komet Halley (nur mit dem Fernglas sichtbar)

1996 Komet Hyakutake

1997 Komet Hale-Bopp (mit Foto)

1999, 11. August: totale Sonnenfinsternis in München mit der Venus am Tageshimmel (mit Foto). Damals entstand nur Tage später der nachstehende Text.

Kaum ein Naturschauspiel hat in den letzten Jahrzehnten gleichermaßen alle Einwohner im deutschsprachigen Raum so in Atem gehalten wie die totale Sonnenfinsternis am 11. August 1999. Schon mehrere Tage vor dem Termin waren die Finsternisbrillen fast überall ausverkauft – oder es gab sie zu wahrhaft astronomischen Preisen. Am 11. August selbst standen tausende Menschen auf den Straßen und Plätzen und verfolgten den Verlauf der Bedeckung der Sonne durch den Mond. Oft teilte man sich die Brillen oder benutzte ein Stück Rettungsfolie, um einen Blick auf die Sonne zu erhaschen. Leider war das Wetter nicht besonders günstig. Wolken gaben nur selten den Blick frei, und an vielen Orten fiel sogar Regen. Dennoch wird den meisten Beobachtern die dämmrige Stimmung zur Finsternismitte noch lange in Erinnerung bleiben.

Ich selbst fuhr damals mit meiner Familie für einige Tage nach München in die Kernzone der Finsternis. Da wir dem Trubel bei der Großveranstaltung am Münchner Olympiagelände entgehen wollten und sich unser Ausflugsziel für den Nachmittag zudem in der Nähe der Isar befand, fiel unsere Standortwahl zur Beobachtung auf den am Fluß gelegenen Tierpark Hellabrunn.

Bereits gegen 10 Uhr stand fest, daß das Wetter die komplette Beobachtung nicht zulassen würde. Für jeweils 10 - 20 Minuten herrschten, immer abwechselnd, Sonne und Wolken – Aprilwetter im August. So sahen wir dann auch zum Beginn der Bedeckung um 11.15 Uhr statt einer „angeknabberten“ Sonne nur Einheitsgrau. Die Farbe der Wolken erinnerte dabei immer mehr an den Vortag mit seinem fünfstündigen Dauerregen.

Vorerst jedoch blieb alles trocken, und gegen 11.30 Uhr konnten die Tierparkbesucher erstmals ihre Sofi-Brillen testen - die schon teilweise verfinsterte Sonne zeigte sich am strahlend blauen Himmel. Eine gute Viertelstunde späten kamen dann auch die Regenschirme zu ihrem ersten Einsatz. Als die Sonne 12.20 Uhr wieder vom Himmel lachte, gab es nur einen Gedanken: Zu früh! Denn bis zum Beginn der totalen Finsternis blieb noch über eine Viertelstunde. Würde das Wetter halten?

Zunächst sah es so aus, aber nur wenig später zogen die ersten Wolken der nächsten „Wand“ aus Richtung Stadt heran. Die längsten zehn Minuten unseres Münchenbesuches begannen. Die Sonne war nur noch als schmale Sichel zu sehen, die Wolkenwand jedoch mindestens genauso interessant. Und dann, um 12.37 Uhr, ging ein Aufschrei durch den Tierpark: es wurde finster. Nicht durch die Wolken verursacht, sondern durch den Mond, der sich vollständig vor die Sonne geschoben hatte. Andächtige Stille breitete sich aus. Am unteren Rand der verfinsterten Sonne erschienen kleine, rote Punkte - Protuberanzen. Die Korona strahlte wie ein Kranz um die beiden Himmelskörper. Etwas links davon befand sich die Venus.

Rechts sollte Merkur stehen, und dort gab es Einheitsgrau. Kurz vor Ende der Totalität, die nur wenig mehr als zwei Minuten dauerte, erreichten die Wolken Sonne und Mond. Dann zeigten uns die Strahlen der Sonne durch eine letzte Wolkenlücke: ich bin wieder da! Als wir fünf Minuten darauf den Tierpark verließen, fielen die ersten Regentropfen, und dieses Mal goss es richtig. Wir dachten voll Mitgefühl an die Verlierer des „Münchener Regenlottos“, die vielen Menschen in der Innenstadt und dem Olympiazentrum. Sie hatten es wohl nicht geschafft, denn aus dieser Richtung kamen die Wolken ...

2003, 30. Mai: partielle Sonnenfinsternis 85% (mit Foto)

2003, 25. September: Foto der schmalen Mondsichel nur 22 Stunden vor Neumond zusammen mit Merkur und Jupiter

2004, 8. Juni: Foto des Venusdurchgangs vor der Sonne, den ich auch 2012 noch einmal sah

Mehr als 14 Jahre lang gab es dann fast keine gezielte Beobachtung astronomischer Ereignisse mehr. Wohl sah ich die partielle Sonnenfinsternis mit mehr als 80% Verfinsterung am 20. März 2015 – im Auto auf der A4 bei Weimar, als ich allein mit über 41 Grad Fieber aus dem thüringischen Breitungen zurück nach Oschatz fuhr, natürlich ohne das Ziel einer astronomischen Beobachtung. Die gespenstische Atmosphäre mit Dämmerungsstimmung bei blauem Himmel am späten Vormittag auf der nur noch fahl erhellten Autobahn wird mir dennoch lange in der Erinnerung bleiben, gerade weil es mir so ging, wie es mir ging.

27. Juli 2018: Dann kam der 27. Juli 2018, eine totale Mondfinsternis, die in der Presse mit „Blutmond“ vorab Schlagzeilen machte. Wohl nur selten ist so ein Ereignis zur besten Zeit am Samstagabend gegen 22 Uhr bei 25 Grad Wärme zu erleben, aber an diesem Samstag war das so. Zum „Blutmond“ gab es keinen Plan, so selten ist eine totale Mondfinsternis denn doch nicht. Aber diesen Rahmenbedingungen konnten wir dann doch nicht widerstehen, und so setzten sich Michaela und ich kurz vor 22 Uhr ins Auto, und fuhren zum Oschatzer Wasserturm, von dort gibt es ohne störendes Licht freie Sicht in Richtung Süden.

In der letzten Abenddämmerung angekommen, standen vor Ort bestimmt 15 Menschen, die genau den gleichen Gedanken gehabt hatten, Jung und Alt gemeinsam. Mit Smartphones und Apps ausgerüstet, schauten sie allesamt in die Sterne, denn eins gab es nicht: ein Fernrohr. Ganz verstaubt in unserem Keller stehend, hatte es in den letzten Jahren im wahrsten Sinne des Wortes ein Schattendasein geführt, nur selten mal die Sterne gesehen, und wirklich lange auf einen Abend wie diesen warten müssen. Manchmal geht es den Fernrohren wie den Menschen. Das Fernrohr (ein Plastik-Modell aus dem Haus Bresser) war jedenfalls noch nicht einmal fertig montiert, da stand schon ein älteres Ehepaar neben uns: „Dürfen wir dann auch mal schauen?“ Ja, sie durften, waren aber völlig überrascht, dass der Mond nicht die alleinige Hauptrolle an diesem Abend spielte. Denn da gab es ja auch noch die Venus als Sichel, den Jupiter mit seinen Monden, den Saturn mit seinen Ringen, den roten Mars als Scheibchen, natürlich den verfinsterten Mond, und die ISS, die dann auch noch kurz nach 22.30 Uhr langsam über unseren Köpfen ihre Bahn zog – und das alles innerhalb von 45 Minuten an einem einzigen Abend. Nach und nach kamen und fragten und schauten auch die anderen Sternfreunde, und ganz zum Schluss traute sich dann auch die Jugend, die ehrlich anerkannte, dass eine App zwar beim Auffinden der Planeten am Himmel helfen, aber letztlich kein Fernrohr ersetzen kann. Wenn die jungen Leute dem Blick durch das Fernrohr nichts hätten abgewinnen können, wäre das auch in Ordnung gewesen. So aber wurde es ein ganz besonderer Abend, sozusagen ein „Angebot mit Zukunft“, und sogar mit Fotos ...

2019/2020, Dezember-Februar: nach der Aufrüstung der vorhandenen Optik und vielen Versuchen in zahlreichen kalten Nächten am Fernrohr durchgängig sichere Auffindung verschiedener Mondformationen und Blick auf nur 6 km große Details der Mondoberfläche, Lokalisierung des Landeortes von Apollo 11. Ende Februar 2020 dann Fertigstellung des Mond-Vortrags: "Auf den Spuren des Mondes - von Dürer bis Armstrong", der erst im August 2023 seine wohl finale Fassung erhalten hat, mit dem ursprünglich vorgesehenen Titel "Dürer, Drachen und Druiden - Auf den Spuren des Mondes".

2020, Mitte Juli – 31. Juli: Komet Neowise mit Fernglas und bloßem Auge beobachtet

2020, 21. Dezember: engste Konjunktion zwischen Jupiter und Saturn seit dem Jahr 1623. Gemeinsam in dem nur kleinen Himmelsabschnitt, den der Blick durch das Fernrohr zeigt, waren beide Planeten ab dem 16. Dezember zu sehen, einen Tag vorher musste das Fernrohr dafür noch bewegt werden. Unseren letzten Blick auf das Planetenpaar gab es am Abend des 21. Dezember gegen 16.50 Uhr nur 2,5 Stunden vor der engsten Begegnung (die fand unter dem Horizont statt) unter einem leichten Wolkenschleier, aber beide noch gut sichtbar. Beide Planeten standen am 21. Dezember so eng zusammen, dass sie mit bloßem Auge als ein "Stern" zu sehen und nur noch mit optischen Hilfsmitteln zu trennen waren. Nach dem 21. Dezember 2020 dauerte es fast vier komplette Monate, bis ich beide Planeten erstmals wieder sah - so ist das mit dem Wetterglück ...

2021, 28. März: Vollmond rettet Weltwirtschaft. Nein, zu dieser Überschrift konnte sich im März 2021 keine Redaktion durchringen, jedenfalls habe ich eine solche Überschrift nicht gesehen. Und doch war es genau so und nicht anders.

Am 23. März 2021 verlor die Besatzung des riesigen Frachtschiffs „Ever Given“ wohl in einem Sandsturm im Suez-Kanal die Kontrolle über das Schiff, mit der Folge, dass sich das Schiff komplett quer im Kanal verkeilte und am Ufer auf Grund lief. Kein Schiff konnte den Kanal mehr passieren – so etwas hatte es in den 150 Jahren Kanalgeschichte noch nie gegeben. Mehr als 300 Schiffe stauten sich bereits, als am 28. März erstmals laut darüber nachgedacht werden musste, das Schiff wenigstens teilweise zu entladen, um es wieder flott zu bekommen. Alle Befreiungsversuche durch Bagger und Schlepper waren bis dahin gescheitert. Kein Wunder: der 400 Meter lange und 60 Meter breite Frachter mit Platz für 20.000 Standard-Container (Containerlänge 20 Fuß = ca. 6 Meter, die gleichen Container wie auf Güterzügen an Land) war voll beladen ...

Natürlich verdankte es die wartende Weltgemeinschaft allein dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt, dass der Frachter letztlich noch am 28. März 2021 von zehn Super-Schleppern wieder ins offene Wasser gezogen werden konnte. Aber all den Jubelnachrichten folgte zumindest in den ersten Meldungen noch ein „Zusatz“: „Und: Eine Springflut half wohl nach – das ist ein besonders starkes Ansteigen des Meeres bei einer speziellen Mond-Erde-Konstellation.“ Ach so war das ...

Tatsächlich kam die „Ever Given“ am 28. März beim Oster-Vollmond 2021 frei, und tatsächlich befand sich der Mond nur etwa 36 Stunden nach dem Vollmond auch noch in Erdnähe. Zum Glück ließ er sich von der wissenschaftlich-technischen Arroganz der Erdbewohner nicht beeindrucken, und half ungefragt. Die wirtschaftlichen Auswirkungen einer längeren Blockade lassen sich in einem einzigen Satz festmachen: 2020 passierten täglich mehr als 3 Mio. Tonnen Waren an jedem einzelnen Tag den Suez-Kanal, und erst am 3. April 2021 (also 6 Tage später) hatte sich ein Stau von mehr als 400 Schiffen aufgelöst. Noch mal Glück gehabt ... Auch der Fotograf (meine Person) hatte Glück, denn nur zwei Stunden vor dem erdnächsten Punkt dieser Mond-Umrundung der Erde entstand am Morgen des 30. März 2021 eines meiner bisher schönsten Mond-Fotos:

 

2021, 10. Juni: Die erste partielle Sonnenfinsternis seit 2015 (siehe oben), zur Mittagszeit mit der größten Phase von etwas über 20% gegen 12.35 MESZ. Nicht so spektakulär, aber im Finale um 12.35 Uhr für mich - natürlich mit Sofi-Brille von 1999 - bei immerhin blauem Himmel und ungetrübter Sicht. Das war sicher nicht überall in Deutschland so, denn das Wetter in der gesamten Finsternisphase ist mit "deutschlandweit wechselhaft" wohl allumfassend beschrieben, und auch an meinem Beobachtungsort Oschatz war 15 Minuten später von der Sonne NICHTS mehr zu sehen.

2021, 10. Dezember: An diesem Abend sah der rechte Rand des Mondes ganz anders aus als am 30. März, und mit der Mondformation Joliot zeigte sich ein kleiner Teil der Rückseite des Mondes, die, gutes Wetter vorausgesetzt, nur an wenigen Tagen im Jahr so sichtbar ist.

 

2022, 12. März: Erstmals Beobachtung von Uranus mit dem Fernglas

2022, 8. Dezember, 6 Uhr: Marsbedeckung durch den Vollmond

Das vorab tagelange trübgraue Winterwetter lies wenig Hoffnung auf eine Beobachtung aufkommen. Früh am Morgen kurz nach 6 Uhr sollte die Marsbedeckung durch den Vollmond zu sehen sein. Der Blick gegen 5.30 Uhr aus dem Fenster ins Dunkel der Dezembernacht verhieß nichts Gutes: Das Nachtlicht bei Vollmond sieht einfach anders aus. Also kein Mond, und trüb und grau wie gehabt. Zehn vor Sechs dann noch mal ein Blick nach draußen, innehalten, und staunen: Das gibts doch gar nicht. Blinzelte der Mond doch tatsächlich durch immer größere Wolkenlücken. Also Sprint in den Keller, das Fernrohr auf die Terrasse tragen und aufstellen, das I-Phone als Fotoapparat montieren, Mondsuche, und nur drei Minuten vor der Bedeckung der erste Blickkontakt. Der Mars war zu diesem Zeitpunkt schon so nah an der strahlend hellen Vollmondscheibe (für vielleicht nur 5 Minuten keine Wolken in der Mondumgebung), dass er mit bloßem Auge trotz seiner Helligkeit - auch er stand an diesem Tag in Opposition - nicht mehr zu sehen war. Das nur dreiminütige Foto-Martyrium, das dann folgte, kennt jeder, der versucht, mit einer Automatikkamera den Mond oder alternativ - mit Filter - die Sonne zu fotografieren. Scharf stellen? Ich - als Automatikkamera im I-Phone - fotografiere wann und mit welcher Belichtung ich das möchte. Gesagt, getan, und ein paar Fotos wurden es ja dann doch, bevor der Mars gegen 6.02 Uhr hinter dem Mond verschwand, und an diesem Morgen auch nicht wieder auftauchte. Die Wolken hatten den Wettstreit um den besten Platz in der Wolkenlücke längst wieder eröffnet, und so gab es schon wenige Minuten später erneut mondfreies Einheitsgrau.

Was an Erkenntnis zurückblieb: Ausgerechnet auf einem Dank Automatik komplett überbelichteten Foto sind Mond und Mars vielleicht am schönsten zu sehen. Nebenbei hatte ich in der Eile auch noch das Scharfstellen des Fernrohrs nicht final beendet, so dass ein "Marsfoto des Jahres" eher nicht dabei war. Dafür aber, dass es an diesem Morgen für gerade mal 10 Minuten eben "meine" Wolkenlücke gab, kann ich nur dankbar sein, und so kommen die Portraitierten nachstehend zu ihrem Recht ...

 

Noch vor 2030, so sind sich die Experten einig, werden nach mehr als einem halben Jahrhundert Menschen wieder auf dem Mond stehen. Begleiten Sie mich doch jetzt schon zum Mond: „Dürer, Drachen und Druiden – Auf den Spuren des Mondes“. Der reich bebilderte Beamer-Vortrag widmet sich überwiegend dem Teil der Kulturgeschichte der Menschen, die einen Bezug zum Mond hat. Natürlich ist die Landung von Apollo 11 mit dabei, ebenso wie die aus dem Jahr 1515 stammende Himmelskarte von Albrecht Dürer. Zum Staunen sind antike Nachrichten von Druiden, die schon vor der Zeitrechnung Kenntnis von Bergen und Tälern auf dem Mond hatten. Der „drakonitische Monat“ – ein heute noch gültiges wissenschaftliches Zeitmaß – führt uns schließlich zum „Geheimnis des sichelförmigen Mondes auf der Himmelsscheibe von Nebra“. Knapp 40 Jahre nach meiner ersten Himmels-Führung entstand ab dem Spätherbst 2019 mit der Erfahrung von zwischenzeitlich mehr als 2.000 Führungen, Beamer-Vorträgen und Lesungen der Gedanke, eine Verbindung zwischen Kulturgeschichte und realer Astronomie greifbar und verständlich in einem Vortrag zu vereinen: „Dürer, Drachen und Druiden – Auf den Spuren des Mondes“, buchbar unter www.mondvortrag.de

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